Die Berlinreise by Hanns-Josef Ortheil

Die Berlinreise by Hanns-Josef Ortheil

Autor:Hanns-Josef Ortheil [Ortheil, Hanns-Josef]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Herausgeber: Luchterhand
veröffentlicht: 2014-04-16T22:00:00+00:00


5. Mai 1964

Aufwachen

Nach dem Aufwachen erinnerte ich mich sofort daran, dass ich sehr viel geträumt hatte. Ich wusste auch noch, dass ich in einem sehr schnellen Auto als Beifahrer unterwegs gewesen war. Wer den Wagen gefahren hatte, wusste ich aber nicht mehr. Wir waren durch eine Stadt mit sehr vielen Pfützen gekurvt, und der Fahrer hatte mehrmals »Das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung« gesagt. In einem anderen Teil des Traums war ich innen in einem Kirchturm unterwegs. Dort gab es viele Stufen hinauf ins Freie, und wieder war jemand mit mir unterwegs, von dem ich später nicht mehr wusste, wer es gewesen war. Diesmal hatte er zu mir »Schauen Sie bloß nicht hinaus« gesagt. Ich vermute, er meinte die kleinen Fenster im Turm, aber ich verstand nach dem Wachwerden nicht, warum ich denn nicht aus den Fenstern hatte schauen dürfen.

Ich erzählte Papa nicht von meinen Träumen, sondern ging sofort ins Bad, denn ich sah, dass Papa schon im Bad gewesen und sogar bereits angezogen war. Als ich auch angezogen war, sagte er, dass er heute Vormittag gerne Reinhold in seinem Büro besuchen würde. Dort werde er einige alte Kollegen treffen, und sie würden sich etwas austauschen über ihre Arbeit und über die Zeit früher und heute. Papa sagte dann weiter, dass ich ihn gerne begleiten, aber auch in der Pension und ihrer Umgebung bleiben könnte. Am Mittag würden wir beide hier in Lichterfelde zusammen essen, und am Nachmittag werde er mit mir noch einmal in den »Botanischen Garten« gehen. Am Abend aber würden wir uns (wenn er noch Karten bekomme) das Theaterstück Draußen vor der Tür anschauen. Insgesamt könnte es also ein Entspannungstag werden, bevor wir dann morgen früh zum zweiten Mal (diesmal aber ohne Begleitung und Führung) in den Osten aufbrechen würden. Ich antwortete, dass ich mir während des Frühstücks überlegen werde, ob ich mit zu Reinhold und den Kollegen gehen werde, doch ich wusste gleich, dass ich dazu eigentlich gar keine Lust hatte. (Ich wollte nur nicht sofort »Nein« sagen.) Wir frühstückten dann wieder ziemlich lange, und Papa unterhielt sich mit Paul und Hanna (diesmal vor allem über den Osten), und die Unterhaltung war eine richtig politische, so dass Papa sogar ein Zigarillo rauchte (was zu der politischen Unterhaltung sehr gut passte).

Der Internationale Frühschoppen

Ich habe zwei- oder dreimal im Fernsehen die Sendung Der Internationale Frühschoppen (mit Werner Höfer) gesehen. Diese Sendung ist auch eine richtig politische Unterhaltung, und zwar mit mehreren Journalisten aus verschiedenen Ländern. Werner Höfer leitet die Sendung und spricht immer einen anderen Journalisten an, und dann sagt der Journalist etwas, nippt an seinem Glas Wein und raucht eine Zigarette oder ein Zigarillo. Am Ende der Sendung sitzen alle in dichtem Qualm, und man kann Werner Höfer und die Journalisten kaum noch erkennen.

Papa und ich gingen dann noch einmal auf unser Zimmer, und ich sagte ihm, dass ich lieber in der Pension bleiben und später etwas nach draußen gehen würde. (Ich dachte dabei an Hugo und daran, dass ich versuchen würde, ihn zu einem Spaziergang zu bewegen.



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